Bauen und Wohnen in Bad Soden-Salmünster
„Dann ruft doch mal im Rathaus an“
Dort, in Bad Soden-Salmünster, laufen bei Bürgermeister Dominik Brasch die Fäden zusammen. Dort wird das stadteigene Bauförderprogramm für junge Familien und alte Häuser gemanagt. Und dort existiert auch ein Fahrplan für den ressourcenschonenden Umgang mit dem kostbaren Gut Boden.

Bürgermeister Dominik Brasch sagt: „Bad Soden-Salmünster ist für mich mehr als nur Lebens- und Arbeitsort. Hier bin ich ganz tief verwurzelt durch meine Familie, das Vereinsleben, das Ehrenamt und die besondere Lebensqualität. Wir sind ja nicht nur Kurstadt mit schönen Naturräumen. Wir sind auch Tourismus- und Kulturstadt mit einem vielseitigen Freizeitangebot. Für mich gibt es keinen anderen Ort, an dem ich leben möchte. Nach einigen Jahren anderenorts hat es mich wieder hierher gezogen. Meine fünf Kinder werden hier groß – so wie ich hier aufgewachsen bin. Und man merkt, es geht ihnen ähnlich.“
Foto: Dominik Brasch
Was macht eine kleine, idyllisch im Spessart gelegene Kommune in unmittelbarer Nähe zur Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main, die nicht zuletzt als Kurstadt mit eigener Therme von dort auch hohen Zulauf von Wohnungssuchenden hat und mithin Druck auf den Wohnungsmarkt? Eine Kommune mit rund 14.000 Einwohnern, die aber gleichzeitig auch mit dem weitverbreiteten Donut-Effekt konfrontiert ist: verödende Innenstadtkerne und drohender Leerstand auch in der Dorfmitte, während sich in den neuen Einfamilienhausgebieten am Rand vor allem junge Familien ansiedeln.
Sie macht eine detaillierte Bestandsanalyse: angefangen von Baulücken bis zu Industriebrachen und Konversionsflächen, die Potenzial für Wohnflächen bieten. Und sie nutzt das darauf fußende digitale Leerstandskataster, um mit den Besitzern ins Gespräch zu kommen. Dies verbunden mit dem Angebot, die Grundstücke über ein digitales Tool zu vermarkten – teils mit Erfolg. Aber sie schaut sich auch an: Wo wohnt jemand jenseits der 70 allein in einem Haus? Wo könnte also künftig ein Leerstandsproblem entstehen?
Innen vor Außen
„Wir haben unsere Hausaufgaben von Anfang gemacht“, sagt Dominik Brasch, seit sieben Jahren Bürgermeister von Bad Soden-Salmünster. „So konnten wir auch größere Flächen in die Entwicklung bringen.“ – Einhundert Grundstücke waren es allein im Jahr 2023. Alle im Innenbereich, darunter auch landwirtschaftliches Gelände, wo in der Folge dicht bebaut wurde. „Da sind wir auf einem guten Weg“, so Brasch. Innen vor Außen ist das angestrebte Ziel: „Nachverdichten, weil Fläche nicht vermehrbar ist.“ Allerdings gehen auch die Flächen im Innenbereich irgendwann zur Neige. In manchen Stadtteilen gibt es Brasch zufolge faktisch keinen einzigen Bauplatz mehr. Oder die Umstände sind so schwierig, dass daraus eine Endlos-Baustelle zu werden droht, weil man zum Beispiel mit dem Eigentümer keinen Konsens finden kann. Mancher will sein Grundstück auch für Kinder oder Enkel aufheben. Das kann man keinem verdenken. Und: „Man kann niemanden zwingen.“
Umhören und umschauen
Aber man kann sich umhören und umschauen: Wie machen es andere in vergleichbarer Situation? Im Ergebnis hat die Doppelstadt Bad Soden-Salmünster mit „Jung kauft Alt“ 2024 ihr eigenes kommunales Förderprogramm für junge Familien und sanierungsbedürftige alte Häuser aufgelegt. Fast zeitgleich mit dem gleichnamigen Programm des Bundes, vielleicht einen Tick eher. „Wir haben uns dabei an bereits etablierten Beispielen orientiert wie etwa an der Gemeinde Hiddenhausen in Nordrhein-Westfalen“, erklärt der Bürgermeister.
Zinsverbilligtes KfW-Darlehen dort, ein finanzieller Zuschuss hier für Altbaugutachten, energetische Sanierung oder auch den Neubau nach Abriss. In der Dreier-Kombination mit dem sogenannten Hessengeld vom Land wird nach seinen Worten eine runde Sache daraus, die sich für Familien lohnt.
Kurz und knapp
Mitte 2025 erging der erste Förderbescheid an eine Familie mit zwei Kindern, die sich, statt neu zu bauen, für ein Haus im Bestand innerhalb gewachsener Strukturen und Nachbarschaften entschieden hat. Mit 1.800 Euro pro Jahr finanzieller Unterstützung innerhalb des Förderzeitraums von fünf Jahren kann sie rechnen, eingerechnet dabei 400 Euro jährlich für jedes Kind.
„Wichtig war uns, das Antragsprozedere unbürokratisch und schlank zu halten“, erklärt Brasch. Das heißt: kurzer Prüfzeitraum und einfaches Antragsformular, verbunden mit Hinweisen auf weitere Fördermöglichkeiten oder wie Brasch es formuliert „ein bauherrenfreundliches Verwaltungshandeln“.
Dorfentwicklung inklusive
Das neue Förderprogramm der Kommune wird, wie er feststellt, sehr dankbar angenommen, kein extremer Run, aber Nachfrage sei da. Ob das Budget dafür von insgesamt 100.000 Euro jährlich aus dem städtischen Haushalt in diesem Jahr schon ausgeschöpft wird? Brasch rechnet noch nicht damit. Andererseits mussten auch schon Anträge abgelehnt werden – weil sie nicht im Fördergebiet liegen. Das umfasst neben der Innenstadt von Bad Soden und der historischen Altstadt von Salmünster auch historische Ortskerne in eher ländlich geprägten Stadtteilen und gilt für Gebäude, die mindestens 50 Jahre alt sind. „Hier flankieren wir mit unserem neuen Förderprogramm auch die Dorfentwicklung“, so der Bürgermeister. Klassische Förderprogramme mit diesem Fokus kommen nach seiner Erfahrung nicht für jeden in Frage. „Mit ihren Vorgaben zum ortstypischen Bauen stellen sie teils eine Hürde dar. Deshalb wird nicht immer davon Gebrauch gemacht.“
Zugang für jedermann
Zugang zum kommunalen Förderprogramm „Jung kauft Alt“ der hessischen Kurstadt hat de facto jeder – unabhängig vom Alter und ganz gleich, ob schon ortsansässig oder Zuzügler. Und nicht nur darin unterscheidet es sich vom Vorgängerprogramm. Das lief nach Braschs Worten mit teils vergünstigten Bauplätzen für junge Familien nämlich genau in die entgegengesetzte Richtung und war ein voller Erfolg, wie man sich denken kann. „Aber die Zeiten, die Bedingungen haben sich geändert. Leerstand bekämpfen und gleichzeitig Neubaugebiete aus dem Boden stampfen? Man kann das eine nicht tun, ohne das andere zu lassen“, so Brasch. Hier sei viel, viel Überzeugungsarbeit geleistet worden und inzwischen auch Resonanz da. „Die Käufer sprechen uns auf die neue Förderung an.“ Die erwähnte junge Baufamilie hatte den Tipp übrigens von der Gebäudeeigentümerin mit dem Hinweis: Dann ruft doch mal im Rathaus an!
Fahrplan eingehalten
„Die Früchte sind da – wir merken das“, verweist der Bürgermeister auch auf flankierende Projekte für die Innenstadtbelebung wie Pop-up-Biergarten und Kultur- und Begegnungszentren. Leergezogene Kaufhäuser in Innenstadtlage wurden dahingehend umgebaut. Heute herrscht Brasch zufolge dort an sieben Tagen in der Woche reger Betrieb von der Seniorentanzgruppe bis zur Krabbelgruppe.
„Wir haben auch da unseren langjährigen Fahrplan eingehalten und auch noch einiges vor“, erklärt der Bürgermeister. Nach ersten Erfahrungen mit dem Programm „Jung kauft Alt“ stellt sich inzwischen auch die Frage nach einem höheren Fördersatz für die historisch wertvollen Gebäude in wichtigen, sensiblen Kernbereichen. „Der Sanierungsbedarf für solch ein schon länger leerstehendes Objekt ist größer.“
Genau dosiert
Auch neue Baugebiete sollen weiterhin ausgewiesen werden, aber „dosiert“: in Stadtteilen, wo es keine Bauplätze mehr gibt, der Bedarf aber groß ist. Weil junge Familien bleiben oder zurückkommen wollen. Klassische Einfamilienhaussiedlungen mit 800-Quadratmeter-Grundstücken stellt Brasch allerdings nicht in Aussicht. „Das würde sich auch nicht mit den Dichtewerten vertragen, die uns die Landesplanung vorgibt.“ Dem will die Kommune beispielweise mit einer Modulhaussiedlung „an geeigneter Stelle“ Rechnung tragen: in einem kleinen Dörfchen mit 180 Einwohnern, sechs Kilometer von der Kernstadt entfernt. Da passe die Siedlung, angrenzend an einen Golfplatz, auch gut hin, in den historischen Kern eher nicht.
Die Bauwilligen können sich die modularen Einheiten nach Bedarf zusammenstellen – von knapp 60 Quadratmeter bis maximal um die 80 Quadratmeter als Bungalow. Oder man verdoppelt die Fläche durch Aufstockung, wenn man das Haus als Familie nutzen will. Die Vorbereitungen dafür, zusammen mit einem Bauträger, laufen derzeit. „Da sind wir momentan auch mutig unterwegs. Das gefällt nicht jedem.“
Eine Daueraufgabe
Wie lange „Jung kauft Alt“ als kommunales Programm gebraucht wird? – „Das ist eine Daueraufgabe“, so die Antwort des Bürgermeisters. „Ich gehe davon aus, dass wir diese Möglichkeit auch als Dauerprogramm bei uns fest etablieren werden und auch aufstocken können.“ Natürlich müsse man solche freiwilligen Förderungen mit Blick auf die angespannte Haushaltslage immer unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit betrachten. In einer Konsolidierungsphase käme alles wieder auf den Prüfstand. „Aber wir sind Mittelzentrum mit einer stabilen Wirtschaft vor Ort, vergleichsweise breit aufgestellt, und verfügen als Kurstadt auch über eine gute Gesundheitsinfrastruktur.“ Das alles sorge für eine gewisse Planungssicherheit. Aktuell hat die Stadt gerade entschieden, ihre Therme neu zu bauen – ein Projekt von über 50 Millionen Euro. „Das wird für uns – auch was den städtischen Haushalt angeht – auch zu einer Herausforderung.“